Aktzeichnung

Aktzeichnung – Übung, Fokus und der Zauber der Linie

Seit über einem Jahr besuche ich regelmäßig einen Aktzeichenkurs – eine kleine, angenehme Runde, in der es ruhig werden darf und sich alles auf das konzentriert, was vor uns steht: eine menschliche Figur, verletzlich und gleichzeitig faszinierend stark.

Was mich immer wieder daran begeistert, ist die Herausforderung, aus wenigen Linien ein spannendes, stimmiges Bild eines nackten Menschen entstehen zu lassen. Perspektive, Proportionen, Verkürzungen, die Platzierung auf dem Papier – all das fordert mich jedes Mal aufs Neue heraus. Und genau das macht es so reizvoll.

Mit der Zeit habe ich gemerkt, wie viel Übung bewirken kann. „Übung macht den Meister“ klingt wie ein Spruch aus dem Kunstunterricht – aber dieser Kurs hat mir gezeigt, dass es stimmt. Zeichnen ist lernbar. Schritt für Schritt. Blick für Blick. Strich für Strich.

Besonders spannend finde ich, dass ein Körper auch dann funktioniert, wenn nicht jede Stelle vollständig ausgearbeitet ist. Unser Blick setzt fehlende Teile intuitiv zusammen. Diese Mischung aus Andeutung und Klarheit macht Aktzeichnungen für mich so lebendig.

Am liebsten arbeite ich mit weichem Bleistift, Aquarellstiften oder Kohlestiften. Ab und zu probiere ich auch anderes aus, aber diese Materialien begleiten mich am häufigsten. Oft zeichne ich groß – gerne an der Staffelei. Die Bewegung aus dem Arm, aus der Schulter heraus, lässt etwas ganz anderes entstehen als das kleine, präzise Arbeiten am Platz. Es ist ein sehr körperlicher Prozess, der sich direkt auf die Linien überträgt.

Und dann gibt es diese Momente im Kurs: Man hört nur das leise Rascheln des Papiers, den Stift, das Radieren. Die Konzentration im Raum. Die Figur, die für diesen Augenblick nur für uns steht.

Das ist für mich Aktzeichnung. Ein Übungsfeld, ein Lernprozess, aber auch ein stiller Raum, in dem das Beobachten und das Machen zusammenfinden.

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